Der portugiesische Jakobsweg verläuft von Lissabon bis Santiago de Compostela in Spanien und umfasst dabei ungefähr 620km. 

Die meisten Pilger beschränken sich beim ersten Mal allerdings auf die 240km lange Strecke von Porto nach Santiago, da sich dieser Abschnitt in 2-3 Wochen laufen lässt und damit in einen handelsüblichen Jahresurlaub passt.

Auf portugiesisch heisst der Jakobsweg „Caminho Português“, auf spanisch „Camino Portuguès“ und diese sprachliche Verwirrung zwischen dem portugiesischen und dem spanischen – zwei Sprachen, die sich sehr ähnlich und dann doch wieder gar nicht ähnlich sind – wird richtig konkret, wenn man gerade Wochen in Portugal verbracht hat, und dann nach Spanien überwechselt (per Fähre oder über eine Brücke, je nach Variante). Dann ist es ganz schön schwierig, aus einem „Bom Dia“ plötzlich ein „Buenos dias“ zu machen und aus einem „cafe com leite“ ein „cafe con leche“.

Der Weg ist hervorragend markiert. Man folgt gelben Pfeilen, die manchmal einfach auf den Boden oder an eine Mauer gesprüht sind, die aber nach und nach durch ansehnliche Steinwegweiser ersetzt werden.

Wegweiser auf dem portugiesischen Jakobsweg

Der Camino Portugués ist aktuell der zweitbeliebteste Pilgerweg hinter dem Camino Frances (55% in 2019), wird aber mit jedem Jahr beliebter und wird inzwischen von 27% der Pilger gelaufen. Wobei sich diese Zahlen vor allem auf den Abschnitt Porto-Santiago auf dem Inlandsweg beziehen. Wer Ruhe sucht und keine Lust auf viele Menschen hat, kann trotzdem den Camino Portugués laufen – er sollte dann nur den Küstenweg oder direkt den Teil von Lissabon nach Porto wählen.

Wobei man auch den Inlandsweg in Ruhe laufen kann – dafür gilt es nur eine unbeliebte Jahreszeit oder unbeliebte Uhrzeit zu wählen, wer erst um elf losgeht, trifft kaum noch jemanden.

Von Lissabon nach Porto

Der Weg zwischen Lissabon und Porto ist ziemlich ruhig, es gibt viele Pilger, die nichtmal wissen, dass der Weg eigentlich in Lissabon startet.

Als ich – aus Lissabon kommend – in Porto ankam, war die Reaktion vieler deutscher Pilger : „aber der Weg bis Porto ist doch hässlich“. Irgendwo im deutschen Internet hält sich dieses Gerücht und das scheint auch reale Konsequenzen zu haben: Zwischen Lissabon und Porto habe ich extrem wenig deutsche Pilger getroffen, ab Porto war dann gefühlt jeder zweite Pilger deutsch.

Ich kann beruhigen: Der Weg ist nicht hässlich.

Pilgerweg Lissabon

Natürlich ist es nicht überall idyllisch, der Weg ist historisch und Portugal hat nicht extra für Pilger eine Disneyland-Kulisse um den Weg drumherum gebaut. Der Weg führt durch ein echtes Portugal und das hat viel Landwirtschaft und natürlich auch mal Industrie, aber eben auch traumhafte kleine Örtchen und wunderschöne Eukalyptuswälder.

Ja, es gibt zwischen Lissabon und Porto mehr Asphaltwege als weiter nördlich. Aber die sind auch durchaus schön!

Ich wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, diesen Abschnitt als hässlich zu beschreiben. Ich habe dort vorwiegend eine wunderschöne Natur vorgefunden und sehenswerte Städte wie Santarem und Coimbra – vom traumhaften Lissabon ganz zu schweigen.

Es gibt unglaublich viele Eukalyptuswälder und es gibt viele Feldwege durch schöne Landschaften, die man in totaler Ruhe völlig kontemplativ beschreiten konnte. Und – wie gesagt – auch sehr sehenswerte Städte, die man so nie besuchen würde.

Ich kann den Abschnitt Lissabon-Porto voll empfehlen, gerade weil er so schön leer ist und so schön international.

(Ich muss allerdings zugeben dass der Anfang zwischen Lissabon und Santarem (km 91) echt kein Knaller ist. Praktischerweise fährt aber ein Zug, so dass man, wenn man sich genug Lissabon angeschaut hat, auch einfach in Santarem starten kann).

Porto - Santiago Inlandsweg/Zentralweg

In Porto spaltet sich der portugiesische Jakobsweg in zwei Varianten: den Zentralweg und den Küstenweg.

Der Küstenweg ist dabei deutlich neuer und damit gilt der Zentralweg als der „echte“ Jakobsweg.

Die meisten Pilger entscheiden sich für diese Variante und zwar aus zwei Gründen:

  1. es gibt mehr Herbergen und die meisten Pilger schlafen in Herbergen. (Hotelpilgern kann das egal sein, günstige Hotels gibt es auf beiden Strecken)
  2. es ist mehr los, es gibt mehr Menschen zum Kennenlernen, mehr Pilgercommunity

Der als „Küstenweg“ bezeichnete Weg ist an vielen Stellen – zB am Anfang hinter Porto, wenn man am Fluß entlang zum Meer läuft – gar nicht offiziell der Küstenweg, sondern der „Senda Litoral“. Der offizielle Küstenweg verläuft Anfangs mit dem Inlandsweg zusammen und auch später gibt es immer wieder Stellen, wo man als Küstenwegpilger eigentlich auf den Senda Litoral ist. Da sich die Bezeichnung Küstenweg für den Weg entlang des Meeres aber durchgesetzt hat, verwende auch ich ihn hier.

Im Gegensatz zum Küstenweg ist der Zentralweg etwas abwechslungsreicher und er führt durch wirklich schöne Natur und hat einige nette Übernachtungsorte im Angebot.

Die erste – oder ersten zwei Etappen, je nach Länge- laufen die meisten Pilger jedoch an der Küste entlang und wechseln erst in Vila do Conde auf den Inlandsweg. Das hat den einfachen Grund, dass die erste Inlandswegetappe ab Porto nicht so schön ist, er hat sowohl Industriegebiet als auch viele wenig charmante Dörfer im Angebot.

Sobald man auf den Zentralweg gewechselt hat, läuft man auch hier primär auf Schotterwegen durch abwechslungsreiche Landschaften, mal über Waldwege, durch Eukalyptswälder, durch kleine Ortschaften, über Berge…

Der Küstenweg

So schön der Inlandsweg landschaftlich auch sein mag: Wer das Meer liebt, wird auf dem Küstenweg glücklich.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Der Küstenweg führt nicht ausschliesslich an der Küste entlang. Auch hier gibt es Abschnitte, die durch Wälder und über Berge verlaufen. 

Aber er geht eben sehr viel am Meer lang. Anfangs vor allem auf Holzplanken, die sehr charakteristisch für den Küstenweg sind.

Holzplanken auf dem portugiesischen Küstenweg

Ich finde den Weg auf den Holzstegen ganz traumhaft, man muss nicht nach Wegweisern Ausschau halten, weil es völlig unmöglich ist, sich zu verlaufen. Dazu hat man immer das Meer im Blickfeld und macht seine Kaffeepausen in einer der unzähligen Beachbars.

Ich habe aber von Mitpilgern auch schon gehört, dass ihnen das zu langweilig ist. Zu wenig abwechslungsreich. Aber da ist nunmal jeder Jeck anders, wie man bei uns im Rheinland sagt. Mich begeistert es, so viel Zeit direkt am Meer verbringen zu können.

(Ab Esposende sollen zukünftig weitere Stege am Meer entlang führen, derzeit wird man dort noch durch Landwirtschaft, Wald und kleine Örtchen weiter geführt. Die „Ecovia Litoral Norte“ ist allerdings nicht sehr schnell in ihrem Ausbau und so ist es auch 2023 noch nicht möglich auf ausgebauten und beschilderten Wegen entlang des Meeres bis Viana do Castelo zu laufen. )

An der spanischen Grenze in Caminha geht es laut den großen Pilgerführern und vieler Webseiten zum Zentralweg weiter, Schluss mit Küstenweg. Aber das ist Quatsch. Der Küstenweg geht auf spanischer Seite in A Guarda weiter. Und wie! Ab hier wird es nochmal schöner!

Entgegen vieler Aussagen, ist der Weg auch hier super beschildert und wenn man nicht in Herbergen, sondern in günstigen Hotels schläft, gibt es auch genug Unterkünfte.

Erst in Pontevedra trifft man wirklich auf den Zentralweg.

Fazit

Ich bin alle portugiesischen Wege gelaufen, sowohl von Lissabon nach Porto, als auch den Zentralweg ab Porto und den Küstenweg ab Porto über Spanien.

Und ich kann verkünden: alles schön.

Jeder Abschnitt hat seinen eigenen Charme – der Pilgerweg Lissabon-Porto besticht durch den Start im fantastischen Lissabon, durch eine sehr internationale und gefühlt entspanntere Mitpilgerschaft, durch schöne Städte auf dem Weg, die man sonst nie gesehen hätte. Der Inlandsweg von Porto nach Santiago ist landschaftlich abwechslungsreich, hat einige nette Übernachtungsorte und bietet die beste Möglichkeit, andere Pilger kennen zu lernen.
Der Küstenweg ist für alle, die sich am Meer nicht satt sehen können und die es gerne etwas kontemplativer hätten.

Egal was euer Favorit ist: Geht Pilgern! Es ist eine ganz wunderbare Erfahrung! Oder wer es nicht Pilgern nennen will: geht Fernwandern auf Jakobswegen!